Jedem Hof sein Korn

 Ein Teil des Hofes, der Landschaft und der Erde 

(von Patrick Schmidt) 

Seit vielen Jahren schon werden auf Haus Bollheim Winterroggen, Sommeremmer und Sommerweizen, Winterdinkel und Winterweizen angebaut und zu Brot verarbeitet. Aber nicht einfach so, mit jährlich neuem Saatgut – was Usus wäre –, sondern in stetiger Pflege und Entwicklung im eigenen Nachbau. 

 Dabei nimmt der Roggen Vorreiterstellung ein. Er ist der älteste auf Bollheim. Seit weit über 30 Jahren lebt er auf dem Hof, ist sozusagen enger Vertrauter der Hofindividualität. Auf seinem Fuße folgt der Sommeremmer, der seit den 1990er-Jahren mit dabei ist und aus dem Züchtungsimpuls der HERA Forschungsstelle für ökologische Pflanzen- und Tierzucht des 2005 verstorbenen Ökologen und Pflanzenzüchters Georg Wilhelm Schmidt stammt. Sein Anliegen war es, die Pflanzen wieder an den Kosmos und die Landschaft anzuschließen. Diese hatten im Allgemeinen, durch Züchtungsmaßnahmen auf Kurzstrohigkeit und Ertrag, die Fähigkeit verloren, sich tief mit der Erde zu verwurzeln und durch gestrecktes aufragendes Wachstum in eine innige Beziehung mit dem Sonnenlicht und der Sonnenwärme zu treten. Damit fehlten ihnen wichtige Eigenschaften für eine reichhaltige Ernährung des Menschen und ein gesundes Wachstum. 


Georg Wilhelm Schmidts Arbeit mit kosmischen Rhythmen wird durch die Initiative „Jedem Hof sein Korn“ seit vielen Jahren fortgesetzt und weiterentwickelt. In diesem Sinne erfolgt auch die Arbeit an dem oben genannten Sommerweizen namens „Phönix“ und dem Winterweizen „Siegfried“. Auch sie sollen langjährige Mitglieder der Bollheimer Hofindividualität werden. Dabei nahmen die beiden bisher einen besonderen Weg. Der Sommerweizen „Phönix“ stammte von einer deutschen Landsorte, die aus der Genbank zu Georg Wilhelm Schmidt in die Vulkaneifel kam. Durch einen späteren Wechsel zu einem Standort mit sehr schwierigen Bedingungen ging diese „in die Knie“ und bildete verkrümmte Ähren. An diesem war nun besonders gut die Anwendbarkeit der Methode der Pflanzenregeneration auf Herz und Nieren zu prüfen. Dieser Prozess begann auf Haus Bollheim im Jahr 2008 und führte über verschiedene kosmische Impulsgebungen mit Saturn, Mars und Jupiter zum Erfolg. Daher stammt der Name „Phönix“ – „Neuerstandener“. 


Einen anderen außerordentlichen Weg Richtung Hofsorte ging der Winterweizen „Siegfried“, benannt nach dem Helden der Thidrekssaga und dem Nibelungenlied. Dieser Winterweizen stammt von einem Urgetreide, dem Schwarzen Winteremmer, ab. Auch diese Umwandlung und Entwicklung vollzog sich über einen längeren Zeitraum von mittlerweile neun Jahren und führte bis in den heutigen Produktionsanbau auf Haus Bollheim. Beide Sorten „Siegfried“ und „Phönix“ werden neben der bio­dynamischen Handelssorte „Butaro“ im Honig-Salz- und Keimlingsbrot verarbeitet. Ziel ist es, diese beiden mit dem Schicksal des Hofs so eng verbundenen Sorten zu dauerhaften Organen der Landwirtschaft zu entwickeln. Dabei werden sie von der Selektionsparzelle über zwei bis drei folgende Stufen hochvermehrt und über Selektion, kosmische Impulse bei der Aussaat und zunehmend auch Eurythmie gepflegt und verbessert. 


Sommeremmer und Winterdinkel werden zur Zeit noch über den einfachen Nachbau weiter angebaut. Die Entwicklung der Getreide wird aufmerksam verfolgt und wo es richtig und notwendig erscheint zu bestimmten kosmischen Konstellationen gesät oder auch über die Selektionsmaßnahmen von unten herauf wieder aufgebaut. Der Sommeremmer ist so ein Fall. Die Frühjahrstrockenheiten der letzten Jahre haben ihm stark zugesetzt und er braucht eine pflegende Unterstützung. Parallel dazu werden versuchsweise mehrere Winteremmerlinien für Haus Bollheim entwickelt, die ebenfalls aus dem Umwandlungsprozess des Schwarzen Winteremmers und aus einer Einwinterung eines Sommeremmers stammen. Ein Winteremmer kann leichter durch ein trockenes Frühjahr gehen, weil er über den Winter schon viel Wurzelwerk aufgebaut hat und daher außerdem eine größere Nahrungsqualität entstehen kann. 


Nicht unerwähnt bleiben darf der Aufwand für Ernte, Aufbereitung und Lagerung, der bei fünf verschiedenen Hofgetreidekulturen nicht unerheblich ist. Es ist schon ein großer Unterschied, ob das Saatgut selbst gewonnen, separat gereinigt, gelagert und wieder separat für Vermehrungsstufen ausgesät werden muss, oder ob ein Lieferant eine Palette Saatgut auf den Hof bringt, welche natürlich bezahlt werden muss. Allerdings bleibt dieses Saatgut in gewisser Weise anonym. Wir wissen wenig oder nichts über seinen Vegetationsverlauf. Ganz anders ist es mit dem eigenen Saatgut. Mit diesem wächst der Landwirt Jahr für Jahr mit. Es bildet sich in seiner Seele ab und der Hof, der Boden und die Landschaft bilden sich im Getreide ab. Das ist die Beziehung, die wir so sehr schätzen. Und diese gilt es für uns Menschen wieder viel mehr aufzubauen, damit aus der Anonymität wieder individuelle Beziehung und Bewusstsein entstehen, was unser aller Leben wieder bereichert und zu einer zunehmenden toten Technokratie lebendiges Werden stellt. So entstand und entsteht eine Getreidegesellschaft auf Haus Bollheim, die einzigartig ist und – so hoffen wir – für viele weitere Betriebe Anregung sein kann, damit in vielen Regionen Menschen eine innige Beziehung zu Hof, Landschaft und Erde erleben können.